Abhängigkeit von Reichspräsidenten und SPD-Reichstagsfraktion

Nach dem Sturz der von Hermann Müller (SPD) geführten großen Koalition wurde Heinrich Brüning (Zentrum) am 29. März 1930 zum Reichskanzler ernannt. Er bildete eine Minderheitsregierung, die auf die Mitwirkung und Sonderbefugnisse des Reichspräsidenten angewiesen war. Hiermit war der politische Rahmen der gut zwei Jahre dauernden Kanzlerschaft Brünings abgesteckt: einerseits die Abhängigkeit vom Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten und anderseits die pragmatische Tolerierung seiner Politik durch die sozialdemokratische Reichstagsfraktion. Die seit dem Oktober 1929 sich verschärfende Wirtschaftskrise setzte die demokratischen und moderaten Kräfte in der Reichspolitik unter enormen Druck. Ende 1929 gab es allein 2,3 Millionen Arbeitslose, die öffentliche Unterstützung erhielten, Ende 1932 war ihre Zahl auf 4,9 Millionen  angewachsen. Vor diesem Hintergrund radikalisierten sich bis zum Untergang der Weimarer Republik das Wahlverhalten und die Form der politischen Auseinandersetzungen im Sinne von Kommunisten und Nationalsozialisten sowie weiteren republikfeindlichen Parteien und Organisationen.

Aufhebung der Notverordnung

Die SPD hatte am 16. Juli 1930 die Aufhebung der Notverordnung zur „Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ gegen den Willen des Reichskanzlers im Reichstag durchgesetzt. Reichspräsident Paul von Hindenburg löste daraufhin am 18. Juli den Reichstag auf, so dass Neuwahlen angesetzt werden mussten. Die folgende Reichstagswahl vom 14. September 1930 ergab einen starken Stimmenzuwachs für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP).

Brüning blieb Kanzler, konnte sich aber weiterhin nicht auf eine feste Mehrheit im Reichstag stützen. Am 18. Oktober 1930 stellten die Fraktionen von KPD, DNVP und NSDAP Misstrauensanträge gegen ihn. Die SPD-Fraktion schloss sich jedoch nicht an und sicherte damit den Fortbestand der Kanzlerschaft Brünings.   

Brünings Politik war besonders auf die Sanierung der Reichsfinanzen mittels einer auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt zielenden Deflationspolitik gerichtet. Diese Sparpolitik, die durch sinkende Staatsaufträge eine zusätzliche Belastung der krisengeschüttelten Wirtschaft darstelte, fand keine parlamentarische Mehrheit und musste daher mit dem Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten durchgesetzt werden. 

Im Sommer 1931 geriet nach Österreich auch die deutsche Bankenwelt in eine schwere Krise. Die Vereinigten Staaten erließen daraufhin ein Schuldenmoratorium, einen einjährigen Rückzahlungsaufschub für deutsche Reparationen. Ein geplantes Zollunionsabkommen mit Österreich musste vor dem Hintergrund der Bankenkrise und wegen eines negativen Schiedsspruches des Internationalen Gerichtshofes aufgegeben werden. Dies führte zum Rücktritt von Reichsaußenminister Julius Curtius (DVP) und zur Auflösung des Kabinetts Brüning am 7. Oktober 1931.

Vertrauensverhältnis gestört

Reichspräsident von Hindenburg verlangte nun eine stärkere Rechtsorientierung der wiederum von Brüning neu zu bildenden Regierung. Diese nahm am 10. Oktober ihre Geschäfte auf, entsprach aber nur wenig den Wünschen des Reichspräsidenten. Das Verhältnis zwischen Brüning und Hindenburg wurde in den kommenden Monaten zusehends schwierig. Mit Blick auf die anstehenden Reichspräsidentenwahlen erwartete Hindenburg für seine Kandidatur, dass Brüning eine Unterstützung der Deutschnationalen (DNVP), der politischen Heimat Hindenburgs politisch aushandeln könne. Als dies nicht gelang und die Wiederwahl Hindenburgs am 10. April 1932 (im zweiten Wahlgang) hauptsächlich von der demokratischen Wählerschaft und insbesondere der Sozialdemokratie gesichert wurde, war das Vertrauensverhältnis zwischen Reichspräsident und Reichskanzler zerstört.

Auf Betreiben des Generals Kurt von Schleicher, der zu diesem Zeitpunkt einen großen Einfluss als Berater des Reichspräsidenten ausübte, musste Brüning am 30. Mai 1932 zurücktreten. Sein Nachfolger im Amt wurde am 1. Juni Franz von Papen. Zwei Tage später trat Papen aus der Zentrumspartei aus und kam so einem Parteiausschluss zuvor. Er hatte sich bereits 1925 für die Wahl Hindenburg zum Reichspräsidenten eingesetzt und damit den Zentrumskandidaten und Parteikollegen Wilhelm Marx brüskiert. Papens Opposition gegen Brüning war nun ein wiederholter Verstoß gegen die Parteiloyalität.