Die Juden kommen spät nach Sachsen

Juden siedelten sich in Sachsen – verglichen mit anderen deutschen Ländern - erst relativ spät an. 1849 wurde zwar die „Gleichstellung der Sächsischen Juden mit den Christen hinsichtlich des Genusses bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte“ beschlossen, dennoch blieben beträchtliche Emanzipationsdefizite bestehen und die rechtliche Lage war so beschaffen, dass sie eine Einwanderung von Juden weitgehend verhinderte. Erst der Beitritt Sachsens zum Norddeutschen Bund im Jahr 1866 brachte die letzten Ausnahmegesetze gegen die Juden zu Fall. Eine Verfassungsnovelle von 1866 legte fest, dass der Genuss bürgerlicher Rechte unabhängig vom religiösen Bekenntnis sei. Juden durften sich nun auch außerhalb von Dresden und Leipzig in Sachsen ansiedeln.

Starke Zuwanderung aus Osteuropa

Die Verbesserung der rechtlichen Situation der Juden, hatte zur Folge, dass sich die Einwanderung verstärkte. Zwischen 1871 und 1925 versiebenfachte sich die Anzahl der in Sachsen lebenden Juden. Eine wichtige Ursache für diese Entwicklung war die Zuwanderung aus Osteuropa.

Diese osteuropäischen Juden, die zumeist unter sich blieben und nur wenig Kontakt sowohl  mit der einheimischen Bevölkerung als auch mit den bereits ansässigen Juden hatten, wirkten auf viele Sachsen sehr fremd, um nicht zu sagen befremdlich. Nach 1873 kam es zudem zu einer wirtschaftlichen Depression, die den Mittelstand massiv verunsichert und viele Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten brachte. In Handel und Gewerbe schienen die Juden nun für viele Geschäftsleute eine erhebliche Konkurrenz und Bedrohung darzustellen. Die Folge war zunehmender Antisemitismus.

Die Weimarer Zeit

In der Weimarer Zeit gelangten die Juden in Deutschland und auch in Sachsen zu wirtschaftlichen Erfolgen. Vor allem in Handel und Gewerbe waren zahlreiche Juden tätig. In Sachsen gab es vor allem im Bereich Groß- und Einzelhandel und im Textilbereich viele erfolgreiche jüdische Kaufleute, was sich beispielsweise in den großen Kaufhäusern in Dresden und Chemnitz wiederspiegelte. Die Zahl der jüdischen Selbständigen war sehr groß, Arbeiter gab es weniger. Auch die Wissenschaft, das Bankwesen, die Verwaltung sowie Kunst und Kultur waren Bereiche, in denen Juden in Sachsen tätig waren. Der erste Ministerpräsident des neuen Freistaates, Georg Gradnauer war jüdischer Abstammung, ebenso wie der spätere Innenminister Lipinski.